Kategorie: Berichte

Berichte des Forums

Vogelstimmen im Wald

Vogelstimmen im Wald

Vögel und Vogelstimmen kennenlernen: Das war das Thema der ornithologischen Exkursion im Bollwald am letzten Samstagmorgen im April.

Der Ornithologe Yves Thomet hatte die Führung absichtlich nicht zu früh am Morgen angesetzt, damit wir nicht gleich von zu vielen mit- und durcheinandersingenden Stimmen überwältigt und überfordert würden. So machten sich ein gutes Dutzend Vogelinteressierte mit Feldstechern ausgerüstet gegen 8 Uhr im ornithologischen Tempo (d. h. mit ca. 1 km/Std.) auf den Waldweg beim Vitaparcours.

Als erster war irgendwo aus dem frischen Buchenlaub ein Buchfink zu hören, unser häufigster Brutvogel. Wie er aussieht, zeigte uns Yves in seinem Vogelbuch, das auch bei anderen Beobachtungen zu Hilfe kam, wenn wir nur einen Gesang hörten, aber den Vogel dazu nicht sahen.

Mit zwitschernder Stimme meldete sich dann bald auch ein Zaunkönig, einer unserer kleinsten, aber auch lautesten Vögel: Wenn der Pingpong-Ball-grosse Vogel Menschenmass annehmen würde, wäre seine Stimme bis zum Nordkap hörbar…

Den kleinsten hiesigen Vogel bekamen wir in einer Tanne aufgeregt von Zweig zu Zweig turnend und pickend zu Gesicht: ein Wintergoldhähnchen. Vor allem die Weibchen müssen viel Nahrung zu sich nehmen, denn ihre Eier können bis 1½-mal ihres Eigengewichts wiegen. Die Stimme der Goldhähnchen ist sehr fein – sie kann als Hörtest für uns Menschen dienen.

Das Rotkehlchen ist mit seiner flötenden Stimme auch am Abend und im Winter zu hören. Allerdings sind es Vögel aus nördlichen Gegenden, die bei uns überwintern, während diejenigen, die im Sommer bei uns nisten, im Winter in den Süden ziehen. Ihre Reviere markieren sie aber mit ihrem schönen Gesang allemal.

Zu jedem Vogel konnte uns Yves so Wissenswertes und Eindrückliches berichten. Zur Sprache kamen immer auch die natürlichen Zusammenhänge. Wenn z. B. ein Schwarzspecht seine Nisthöhle in einem alten Baum nicht mehr braucht, wird sie von Eichhörnchen, Fledermäusen, Baummarder, Siebenschläfer oder Insekten benutzt, die selber keine Höhlen bauen können. Sie alle sind darauf angewiesen, dass solche Habitatbäume stehen gelassen werden.

Auch andere Vögel, wie Stare oder Kleiber nisten in Spechthöhlen, wobei die Kleiber das Einflugloch mit Lehm verkleben, um es genau auf ihre Körpergrösse anzupassen. Dank dem Fernrohr von Yves konnten wir eine solche Kleibernisthöhle «von Nahem» und den Bewohner nach etwas Geduld dann auch darin verschwinden sehen. Wir lernten auch, dass Kleiber an Bäumen rauf und kopfüber runter klettern können, im Unterschied zum Gartenbaumläufer, der spiralförmig nur aufwärts klettert und dann nach unten fliegt, um wieder hoch zu klettern.

Andere Dimensionen als das Kleibernest hatte dasjenige, das ein Rotmilan-Paar aus groben Zweigen hoch oben auf einer Buche gebaut hatte. Eine Krähe interessierte sich ebenfalls für dieses gemachte Bett, wurde aber immer wieder vom Rotmilan verfolgt und verjagt, ein spannendes Schauspiel.

Rotmilan, Mäusebussard, Ringeltaube, Schwarzspecht, Grünspecht, Buntspecht, Zaunkönig, Heckenbraunelle, Rotkehlchen, Singdrossel, Amsel, Mönchsgrasmücke, Zilpzalp, Wintergoldhähnchen, Sommergoldhähnchen, Kohlmeise, Tannenmeise, Blaumeise, Kleiber, Gartenbaumläufer, Rabenkrähe, Star, Buchfink, Stieglitz (Distelfink):
Diese 24 Vogelarten waren auf unserer Exkursion zu beobachten. Wahrscheinlich haben nicht alle Teilnehmenden alle diese Stimmen gehört und auseinanderhalten können. Es bräuchte dazu das langjährig geübte ornithologische Ohr und Auge. Eindrücklich und bereichernd war diese Beobachtungstour aber auf alle Fälle.

PS: Auf bird-song.ch von BirdLife und Naturkurse gibt es eine Fülle von kurzweiligen Übungsmöglichkeiten, um Vogelstimmen und Vögel zu entdecken und zu lernen.

Tag der Biodiversität 2024 im Schloss Jegenstorf

Tag der Biodiversität 2024 im Schloss Jegenstorf

Am diesjährigen Biodiversitätstag war das Forum Jegenstorf mit einem Stand zum Thema «Invasive Neophyten» präsent.


Letztes Jahr war das Forum Jegenstorf für die Einladung der verschiedenen Organisationen in den Schlosspark zuständig gewesen, dieses Jahr fand der Anlass in kleinerem Rahmen in der Orangerie statt und wurde vom Schloss allein organisiert, im Zusammenhang mit den gleichzeitig stattfindenden Pferdesporttagen auf der Schlossmatte.

Wir benutzten die Gelegenheit, um für unsere neue Neophytengruppe zu werben und mit viel Infomaterial auf die verschiedenen invasiven Neophyten, ihre schädlichen Auswirkungen für die Biodiversität sowie auf alternative einheimische Pflanzen hinzuweisen. Die Besucher:innen konnten sich vor der Orangerie gleich auch mit einheimischen, biologisch gezogenen Blütenpflanzen von Flora di Berna eindecken.

Drinnen waren neben dem Forum Jegenstorf auch Pro Natura Bern mit einem Stand zum Iltis – dem Tier des Jahres 2024 – und zu Gartenaufwertungen, der Fledermausverein Bern mit verschiedenen Schautafeln und Objekten sowie der «Schlossimker» Klaus-Peter Urban vertreten.

Neben diesen Ständen bot ein Rahmenprogramm im Von-Wattenwyl-Saal im Schloss weitere Informationsmöglichkeiten: Wir zeigten zweimal unseren Jubiläumsfilm «Unterwegs für die Natur – Ein Blick auf das Forum Jegenstorf» von Marlen Schmid, Andrea Haslinger hielt einen Vortrag zu «Natur im Siedlungsraum» und Martha Waeger berichtete über «Interessantes aus der Welt der Fledermäuse».

Fotos: Alessandra Reeves-Gehrig

Bericht zum Tag der Biodiversität 2023

Wenn Baustellen zu Schatzinseln werden

Wenn Baustellen zu Schatzinseln werden

Seit Jahren suchte ich Märzenglöggli-Zwiebeln, und zwar die einheimischen Märzenbecher (Leucojum vernum) und nicht die „anderen“ Schneeflöckli und wie sie sonst noch alle heissen.


Nicht einmal bei Sativa in Rheinau sind sie erhältlich. Als Kind hatten wir sie ganz vereinzelt unter dem Haselstrauch und auch sonst waren sie in den Gärten zu finden. Und dann, plötzlich, nicht einmal ein einziges Glöckchen irgenwo. Vermutlich war es ja nicht plötzlich, aber so hat es sich für mich angefühlt, als ich sie wieder anpflanzen wollte. Jahre habe ich mit Suchen verbracht, habe dann doch mal so Schneeflöckli Blumen gepflanzt, aber der Traum war noch offen. Nun gut, gibt’s.

An der Hauptstrasse in Zollikofen hat es vis-à-vis vom grossen Migros seit ein paar Monaten Bauprofile. Innerhalb der Bauprofile inmitten eines verlassenen Gartens steht ein uralter, riesiger Magnolienbaum und immer wieder habe ich auf der Durchfahrt gedacht : „Dieses Jahr blüht er wohl das letzte Mal“ und fühlte mich traurig, weil der Baum halt wirklich uralt und prächtig ist. Die Hauptstrasse hat oft so viel Verkehr, dass es zu Staus kommt und in genau so einem Stau blieb ich bei dem Magnolienbaum stecken. Und was sehe ich unter ihm still und leise blühen? Tausende Märzenglöggli! Ein paar Telefonate später habe ich den Bauherr am Draht und innerhalb ein paar Minuten nach meiner Erklärung bekomme ich die Bewilligung, Märzenbecher im Kilobereich zu retten. Ein paar Wochen später haben über 30 Privatgärten via Whatsapp-Sturm einen Teil der Märzenglöggli bekommen, viele sind natürlich hier in der Region und etwa 200 sind jetzt in der Hecke entlang des Dorfbachs im Schlosspark. Aber Burgdorf und Huttwil hat nun auch. Einfach schön.

Es hört aber nicht hier auf.

Beim letzten Ausbuddeln steht eine ältere Dame ganz still am Gartenzaun, schaut uns zu und fragt dann, ob wir denn eine Bewilligung hätten. Ich erzähle von Herrn Oppliger, dem Bauherrn, dass auch der Magnolienbaum nicht ganz verloren geht, weil der Ändu Müller von Ändu’s Woodwork in Utzenstorf den Baum in Kunstwerke transformieren wird, und von meinem Traum seit Jahren. Es dauert etwas lange und ich werde schon ganz nervös, weil die gute Frau so ernst dreinschaut. Und endlich kommt die Auflösung… Wir stehen in ihrem ehemaligen geliebten Garten! Sie weiss sehr wohl, wer Herr Oppliger ist, weiss auch wo das Schloss Jegenstorf ist, und wird nächsten Frühling ihre geliebten Märzeglöggli dort besuchen. Dass der Magnolienbaum nicht einfach zu Holzstücken geschredert, sondern transformiert weiterleben wird, und wir auch die beiden alten Rosenstöcke mitgenommen haben; merkten, dass dieser Garten geliebt wurde und es bestimmt nicht einfach war, ihn aufzugeben… das war die Perle in der Krone dieser Reise, hat den Kreis geschlossen. So schön war das, so bereichernd und ungewöhnlich. Übrigens ist der Herr Oppliger ein ganz besonderer Bauherr: Von jeder Baustelle nimmt er von den alten Bäumen Stecklinge und wenn alles gebaut ist, lässt er die Stecklinge auf dem neuen Gelände pflanzen.

Als Dankeschön bekommt der alte Garten und der Parkplatz von uns einen Clean-Up gespendet.

Also: Bei Baustellen lohnt es sich, genau hinzuschauen und, falls nötig, den Bauherrn ausfindig zu machen, bevor die Erde weggebaggert wird. Baustellen können echt Schatzinseln sein.