Kategorie: Berichte

Berichte des Forums

Dorfrundgang

Dorfrundgang

Wie steht es in Jegenstorf um die Biodiversität? Haben Vögel, Fledermäuse, Igel und andere Lebewesen genügend Unterschlüpfe? Trifft man im Dorf auf mehr einheimische Sträucher und Bäume oder doch eher immer wieder auf Exoten?

Diesen Fragen wollten etwa 20 Jegenstorfer und Jegenstorferinnen auf den Grund gehen, als sie sich am Samstagmorgen des 26. Oktober 2019 vor dem Kirchgemeindehaus trafen. Unter sachkundiger Leitung von Beat Haller, unterstützt von Elisa Salaorni und Patrick Baer vom Forum Jegenstorf traten sie einen ca. anderthalbstündigen Spaziergang durch das Dorf an.

An der ersten Ecke, neben dem Sportplatz des Säget-Schulhauses nahm sich die Gruppe eine scheinbar kranke Hainbuche vor: Beat Haller erklärte, dass Faulstellen an abgesägten Ästen meist keinen negativen Einfluss auf die Stabilität eines Baumes haben. Solche Stellen haben jedoch einen hohen ökologischen Wert für xylobionte Arten (Holzbewohner), also beispielsweise Pilze und Insekten, die sich von abgestorbenem Holz ernähren. Zahlreiche Vögel wie der Specht ernähren sich wiederum von den im toten Holz lebenden Insekten.


Auf dem weiteren Weg via Neuholzweg in Richtung Alpenweg lernten die Naturfreunde, wie wertvoll einheimische Sträucher in einer Hecke für unsere Wildtiere sind. In den Dornensträuchern (z. B. Heckenrose, Schwarzdorn) einer Hecke können sich beispielsweise Vögel besser vor Mardern oder auch vor den Hauskatzen verstecken. Beerensträucher (z. B. gemeiner Schneeball) bieten wiederum Nahrung für Vögel und Wildbienen bis weit in den Winter hinein, was Ziersträucher wie Thuja oder Forsythie nicht tun. Ebenso wichtig als Nahrung im Winter ist der Efeu, welcher als eine der ganz wenigen Kletterpflanzen im Spätherbst/Winter blüht und so in dieser nahrungsarmen Saison vielen Insekten noch etwas bietet.

Am Alpenweg wandten sich die Blicke in Richtung Norden auf die offene Ackerlandschaft, welche von einer gut gepflegten Hecke strukturiert wird. Hier erklärte Beat Haller, wie wichtig solche Elemente in der Landschaft für die Fledermäuse sind. Diese orientieren sich auf ihren Jagdflügen an solchen Strukturen. Fehlen diese Geländeunebenheiten, befinden sich die Fledermäuse im Blindflug und können nicht mehr weiter auf die offene Fläche hinaus fliegen.

Mit Blick auf einige neu sanierte Häuser in den Quartieren fiel den Spaziergängern auf, dass diese top isolierten Gebäude zwar sehr viel Heizenergie sparen, aber den Vögeln und Fledermäusen keine Unterschlupfmöglichkeiten mehr anbieten. Mit kleinen Massnahmen, wie entsprechenden Dachvorsprüngen oder geeigneten Nistkästen, könnte dieses Defizit jedoch problemlos wettgemacht werden.

Am gleichen Standort mit Blick auf die intensive Landwirtschaft diskutierte die Gruppe auch die Problematik der jährlich mehrere Tausend vermähter Rehkitze. Der Verein ‹Rehkitzrettung Schweiz› bildet seit einigen Jahren Drohnen-Piloten aus, welche mit einer Wärmebildkamera nach den in den Feldern versteckten Tiere suchen und sie vor der Mähmaschine in Sicherheit bringen. Patrick Baer vom Forum Jegenstorf wird diese Ausbildung im Frühling 2020 besuchen, damit er interessierte Bauern und Bäuerinnen in der Region Jegenstorf bei der Rehkitzsuche und -rettung unterstützen kann.

Beim Spielplatz Stampfimatt diskutierte die Gruppe über die Vorteile einer naturnahen Gestaltung von Kinderspielplätzen. Naturmaterialien wie Kies, Steine, Sand oder aus Weidenstecklingen gefertigte Hütten bieten viel mehr Erfahrungswert als synthetische Matten, Beton und „Katalog-Spielgeräte“. Ganz nebenbei bieten sie auch Lebensraum für Insekten und Kleintiere, die die Kinder entdecken und beobachten können.

Als Abschluss führte die Exkursion zu den Obstbäumen in der Grube beim Feuerwehrdepot. Die Gruppe erfuhr, wie wertvoll solche Hochstammbäume für viele Tierarten sind. Obstgärten bieten aufgrund der Grösse und Langlebigkeit ihrer Bäume wertvolle Lebensräume für viele Vögel, Insekten und Schmetterlinge. Baumhöhlen stellen Unterschlupfmöglichkeiten für Siebenschläfer und Fledermäuse dar.

Der Spaziergang durch das Dorf zeigte sehr erfreuliche Strukturen innerhalb von Jegenstorf, doch wurden auch zahlreiche Standorte entdeckt, bei denen eine ökologische Aufwertung mit geringem Aufwand einen grossen zusätzlichen Nutzen für die Artenvielfalt bieten kann.

Bericht: Patrick Baer
Bilder: Roland Blattner

Ursula Meier im Element

Ursula Meier im Element

… so lautete der Titel eines Beitrags in der Zeitung «gump!» über eines unserer Mitglieder

Ja, Ursula Meier ist in ihrem Element, wenn sie ihre wunderschönen, selber getöpferten Schalen, Teller und Objekte verkaufen kann, um den Erlös gemeinnützigen Organisationen weiterzugeben.

Besonders am Herzen liegt ihr Velafrica der Stiftung Sinnovativ in Liebefeld, wo unbenutzte Velos repariert und danach nach Afrika gebracht werden. So war es denn auch Ursula Meier, die die erfolgreiche Velosammlung des Forums für Velafrica im Herbst 2017 angeregt und unterstützt hatte (vgl. den Bericht dazu).

Verkauft und Geld gesammelt hat sie auch am diesjährigen Dorffest: Ein Artikel zu ihrer Dorffest-Aktion ist in gump! Zeitung für Mutanfälle (Ausgabe Herbst 2019) der Stiftung Sinnovativ erschienen.

Foto: Dominik Unternährer (gump! Herbst 2019)

Lesen sie den Artikel, und lassen wir uns vom Engagement von Ursula Meier anstecken und inspirieren!

Bericht: Marianne König

Dorfrundgang mit GemeindevertreterInnen

Dorfrundgang mit GemeindevertreterInnen

In Jegenstorf gibt es einige naturnah gestaltete öffentliche und private Grundstücke, die diversen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Dass für weitere Aufwertungen vor allem auch Behörden und Politik in der Pflicht sind, wurde an einer Führung für GemeindevertreterInnen klar.


Das Forum hatte dazu Gemeinde- und Kirchgemeindebehörden, Wegmeister, ParteivertreterInnen und weitere Interessierte eingeladen. Rund zwei Dutzend Personen fanden sich am 11. September 2019 beim Bahnhof zu einem eineinhalbstündigen Dorfrundgang ein. Zu Beginn erläuterte Jan Ryser, der Geschäftsleiter von Pro Natura Bern die gesetzlichen Vorschriften und die Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden im Naturschutzbereich. Er zeigte auf, dass die Gemeinde hier viel Verantwortung und auch Spielraum hat, den es auszunutzen gilt.

Gute und weniger gute Beispiele im Dorf
Nach der Theorie ging es zur praktischen Anschauung unter der Leitung von Beat Haller vom Forum Jegenstorf. Beim Löwenplatz wies er auf die schöne Silberpapel hin, die mit ihrer strukturierten Rinde ökolologisch einen sehr hohen Wert bietet. Bei der Stampfimatt fällt u. a. die Gestaltung des Dorfbaches positiv auf, der Kindern ein naturnahes Spielen erlaubt, aber auch diversen Wasserlebewesen Unterschlupf bietet. Der Grasstreifen seitlich vom Coop ist klein, dank dem, dass er nicht als «englischer» Rasen gepflegt wird, enthält er aber eine Vielfalt an Pflanzen, die wiederum für viele Insekten Nahrung bieten. Solche Wildblumenstreifen könnten z. B. auch am Rand von Rasenflächen bei Blocküberbauungen wie im Säget einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. Das gleiche gilt für Hecken mit gemischten einheimischen Sträuchern, die weit wertvoller sind, als die häufig anzutreffenden Kirschlorbeer- oder Thujahecken. Die Route führte zum Schluss zu zwei schönen Trockenbiotopen: demjenigen in der Rosenweg-Überbauung (die mit dem Qualitätszertifikat der Stiftung Natur und Wirtschaft ausgezeichnet ist) und dem artenreichen Biotop «Im Laufe der Zeit» beim Schlosseingang.

Erfahrungen aus Ittigen
Auf dem Schlossvorplatz berichtete zum Abschluss Martin Pauli, der Leiter des Bereichs Umwelt in Ittigen von den Erfahrungen in seiner Gemeinde mit ökologischen Aufwertungen. Er sieht diese auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels als äusserst dringend an. Für die Planung und Umsetzung solcher Aufwertungen müssen innerhalb der Gemeindebehörden entsprechende Verantwortlichkeiten und Strukturen geschaffen werden. Die Aufgaben dürfen nicht einfach an engagierte Private oder Vereine abgeschoben werden.

Fazit
Aus den verschiedenen Vorschlägen und Bemerkungen von Jan Ryser und Martin Pauli sowie den anschliessenden Diskussionen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

  • Der gesetzliche Auftrag zum Naturschutz besteht, aber der politische Wille fehlt häufig.
  • In der Gemeinde müssen Strukturen, Zuständigkeiten, Pflichtenhefte und die nötigen Budgets geklärt bzw. geschaffen werden.
  • Eine für das Thema Umwelt und Natur zuständige Person in der Gemeindeverwaltung bzw. eine Umweltkommission sind wichtig.
  • Wertvolle Lebensräume in der Gemeinde sollten erhoben und mit Verträgen geschützt werden.
  • Jegenstorf verfügt bereits über geschützte Gebiete wie die Biotope Lindeholz in Münchringen und Eglismatt im «Spitalwald» (Glaschpe). Auch Aufwertungen sind erfolgt wie z. B. die Renaturierung von Teilen der Urtene oder die Eichenpflanzung im Gemeindewald (Bollwald). Ausserdem gibt es weitere wertvolle private Waldparzellen sowie artenreiche Wiesen.
  • Auf öffentlichem und privaten Grund bestehen aber noch viele Möglichkeiten und viel Nachholbedarf in Bezug auf artenreiche Gestaltung.
  • Zur Mitfinanzierung von ökologischen Aufwertungen dient in Jegenstorf die «Beitragsverordnung für ökologische Leistungen und die gestalterische Aufwertung des Ortsbildes» von 2012, die es dem Gemeinderat erlaubt, Beiträge an besondere Leistungen von GrundeigentümerInnen und BewirtschafterInnen in den Bereichen Ökologie und Ortsbildgestaltung auszurichten. Diese Finanzierungsmöglichkeit müsste breiter bekannt gemacht werden

Von den Referenten genannte Quellen

Bericht: Marianne König