Kategorie: Berichte

Berichte des Forums

Tümpel schaufeln für Gelbbauchunken

Tümpel schaufeln für Gelbbauchunken

Auf einen Aufruf von Sarah Althaus, Regionalvertreterin der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch), meldeten sich vier Mitglieder des Forum Jegenstorf, um an einem «bisigen» Tag Ende Februar 2021 in einem Wald zwischen Scheunen und Bangerten Tümpel für Gelbbauchunken zu erstellen.

Zuvor waren im Winter in der Umgebung im Rahmen des Projekts zur Förderung der stark gefährdeten Gelbbauchunken in der Region Etzelkofen, Rapperswil und Jegenstorf bereits mit Hilfe eines Kleinbaggers verschiedene Standorte geschaffen worden. Nun ging es darum, an einem unzugänglichen, sumpfigen Ort an einem kleinen Gewässer von Hand mehrere neue kleine Tümpel zu schaffen.

Zur Auflockerung der Arbeit besichtigten wir die nahegelegenen, mit Hilfe des Baggers erstellten Tümpel. In der Znünipause stiess eine weitere Gruppe, die in einem anderen Waldstück am Schaufeln war, zur Jegenstorfer Crew. Dabei vernahmen wir von Sarah Althaus viel Wissenswertes zur Gelbbauchunke und zum Förderprojekt in der Region, Informationen, die wir hier gerne weitergeben:

Die Gelbbauchunke – spezifischer Lebensraum
Die Gelbbauchunke (Bombina variegata) ist eine kleine, kaum 5 cm grosse Unke mit warziger lehmbrauner Haut. Typisch für sie sind der namengebende gelb und schwarz bis bläulich gemusterte Bauch und die herzförmige Pupille. Die Männchen ziehen mit leisen, regelmässigen «uh-uh-uh»-Rufen paarungsbereite Weibchen an, die mehrmals im Sommer Eier ablegen. Damit verteilt sich das Risiko, dass die Kaulquappen gefressen werden oder vertrocknen. Denn die Eier werden u. a. in kleine Rinnsale oder mit Wasser gefüllte Pfützen und Karrengeleise abgelegt, welche sich leicht erwärmen, im Sommer Wasser führen, aber jedes Jahr auch wieder austrocknen oder neu entstehen. So bleiben Fressfeinde wie Fische, Molche oder räuberische Insekten auf niedrigem Niveau.

Foto: Marco Thoma
Foto: Sarah Althaus

Gefährdung
Der Bestand der Gelbbauchunken ist in der Schweiz stark zurückgegangen, vor allem seit den 80er-Jahren. Schuld daran sind die Trockenlegung von Feuchtgebieten, die Verbauung von Flüssen, die Technisierung der Landwirtschaft sowie das Wegfallen von Randstrukturen und Brachland. Zum Schutz und zur Förderung der Unken werden wie in unserem Projekt temporäre, nahe beieinanderliegende Kleingewässer im Wald angelegt. Die regelmässige Kontrolle der Tümpel ist wichtig, um rechtzeitig nötige Eingriffe machen zu können und zu beobachten, ob die Tümpel durch die Unke oder andere Amphibien besiedelt werden.

Informationen zur Gelbbauchunke auf www.karch.ch
Auf der Website der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz Schweiz (karch) finden Sie Angaben zur Gelbbauchunke und ihrer Lebensweise: Direktlink
Auch hören können Sie die Unke auf der Seite Amphibienrufe

Das Projekt «Gelbbauchunkenförderung Region Etzelkofen, Rapperswil und Jegenstorf«
Ziel des Projektes ist es, die gesamte Waldregion zwischen Messen, Rapperswil, Büren zum Hof, Lätti und Jegenstorf nach Vorkommen der Gelbbauchunke abzusuchen und in Gebieten mit gelungenen Nachweisen oder unmittelbar angrenzend daran das Laichgewässerangebot gezielt zu erweitern sowie den regelmässigen Unterhalt zu sichern. Langfristig sollen so die aktuellen Vorkommen gefördert und miteinander vernetzt werden.

Zusammenarbeit vieler Stellen
Die Suche nach den Gelbbauchunken und erste Aufwertungen starteten bereits im Jahr 2009.
Das aktuelle Projekt 2019 bis 2028 läuft unter der Trägerschaft von Pro Natura Bern. Sarah Althaus ist die Projektleiterin und karch-Regionalvertreterin. Für die Umsetzung der Massnahmen ist jeweils das Einverständnis der Waldeigentümer, Revierförster und Gemeinden Voraussetzung. Das Projekt wird finanziell gestützt durch das kantonale Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) und den ewb Ökofonds. Die Umsetzungs- und Unterhaltsarbeiten werden durch Tinnit GmbH ausgeführt mit Unterstützung von Mitgliedern des Forum Jegenstorf.


Auskunft und Beobachtungen
Für Auskünfte zum Projekt oder zur Meldung von Beobachtungen können Sie sich direkt an die Projektverantwortliche wenden:
Sarah Althaus
Dipl. Biologin und karch-Regionalvertreterin Kt.BE Amphibien
Schwand 3, 3110 Münsingen
sarah.althaus@bluemail.ch / 031 721 45 47


Neue Wildhecke beim Schloss – Natur und Kultur

Neue Wildhecke beim Schloss – Natur und Kultur

Auf der grossen Weide unterhalb des Schlossparks entlang der Münchringenstrasse stand seit vielen Jahren eine geschnittene Hainbuchenhecke. Mit der Zeit hatte das Holz den Maschendrahtzaun überwachsen und war nicht mehr davon zu trennen.
Der Unterhalt wurde immer schwieriger und aufwendiger. Eine Lösung musste gesucht werden. Das Forum Jegenstorf erfuhr davon, hatte eine Idee und stiess beim Stiftungsrat des Schlosses auf offene Ohren. Dieses prägende Strukturelement sollte in ökologisch wertvollerer Form ersetzt werden.

Gemeinsam umsetzen
An einer Begehung mit Urs Gasche (Präsident Stiftungsrat Schloss Jegenstorf), Karen Wiedmer, (Stiftungsverwaltung), Sandra Lyoth (Gemeinderätin, Hochbau), Claudia Burri und Jörg Mülchi (Hochbauverwaltung), Hanspeter Junker (Pächter), Susanna König (Forum Jegenstorf ) zeigte Beat Haller (Forum Jegenstorf und Kommission Tiefbau und Betriebe Jegenstorf) Möglichkeiten auf, um die Situation zu verbessern. Varianten wurden besprochen und Entscheide getroffen.

Anstelle der schmalen geschnittenen Hecke aus nur einer Gehölzart, sollte neu eine vielfältige Hecke, 3 m breit, 100 m lang, mit einem beidseitigen Saumstreifen von je 3 m, als neuer Lebensraum für Vögel, Insekten, Kleintiere und Amphibien entstehen. Das Forum Jegenstorf bot an, das Pflanzen der Sträucher und die Pflegearbeiten in den ersten Jahren auszuführen, der Landwirt würde einen Teil seines Pachtlandes zur Verfügung stellen und die Saumgesellschaften auf beiden Seiten der Hecke pflegen. Die Stiftung Schoss Jegenstorf und die Gemeinde sollten die Pflanzung finanzieren.
Nach weiteren Abklärungen stimmten alle Beteiligten dem Projekt zu.

Das Forum Jegenstorf pflanzt
Am 21. November 2020 war es soweit. Ausgerüstet mit Gartenhandschuhen, Corona-Schutzmasken und allerlei Werkzeug versammelten sich zehn Mitglieder und zwei Kinder vom Forum Jegenstorf zusammen mit Hanspeter Junker (Pächter) und Urs Wüthrich (Stiftungsrat Schloss Jegenstorf) beim unteren Schlosstor und machten sich unter der Anleitung von Beat Haller an die Arbeit. Dieser hatte die Sträucher bereits vorbereitet und in der Länge und an den Wurzeln eingekürzt. Holzpflöcke dienten zum Markieren der Fläche für die Hecke. In drei Reihen im Abstand von 1.20 m wurden Löcher gegraben, die jungen Sträucher eingepflanzt, festgedrückt und mit Wasser vom Schlosspark angegossen. Unterdessen holten die zwei Jungs mit dem Anhänger im Schlosswäldli Äste und schichteten sie zwischen den Sträuchern zu Haufen, als Versteck für allerlei Kleintiere.
Zum anschliessenden Zvieri überraschte uns Sandra Lyoth mit einem grossen Pack Apfelmost und es gab Zeit für angeregte Gespräche.


Von der Heckenrose zum Porzellan
So kamen an diesem kalten, sonnigen Novembertag 240 Sträucher in den Boden, 24 verschiedene Arten, die gleichen Pflanzenarten jeweils meist beieinander: Wildbirne, Kreuzdorn, Schwarzdorn, Wildpflaume, Heckenrose, Berberitze und viele mehr (Pflanzliste). Darunter sind die Dornensträucher für Vögel besonders wertvoll, weil sie und ihre Gelege darin vor räuberischen Kleinsäugetieren und besonders auch vor Katzen geschützt sind.

Wildhecken sind als Unterschlupf, Nahrungsquelle und Verbindungsweg ein wichtiger Lebensraum für Wildtiere. Doch auch von den Menschen wurden sie, bevor es Draht- und Elektrozäune gab, vielfältig genutzt als Weidetrennung, Holz- und Nahrungslieferantinnen. So sind sie Teil der Natur und zugleich Teil unserer Kultur. Wie auch der gesamte Schlosspark ein Zusammenspiel von Kultur und Natur ist. Und wie im Schloss innen die Natur sich in der Kultur spiegelt, auf Gemälden und Tapisserien, in historischen Texten, mit Mustern auf Porzellan und auf Kleidern, in der Musik: Naturerbe und Kulturerbe.

Natur und Kultur – bewahren, pflegen und Neues fördern und wachsen lassen.
Herzlichen Dank allen, die sich dafür einsetzen!

Lebensräume für Insekten und Menschen

Lebensräume für Insekten und Menschen

Falls Sie sich fragen, was aus den just vor dem Lockdown gepflanzten Hecken im Kindergarten Dählerstock geworden ist – schauen Sie beim Gemeindeparkplatz über den Zaun oder hinter das Gemeindehaus!


Die Büsche sind gewachsen und das Gras rundherum auch. Asthaufen liegen dazwischen und die Kinder haben einfache Insektenhotels eingerichtet. Nach der grauen Winterzeit werden unter der Buche beim Gemeindehaus sogar erste Zwiebelblumen den Frühling ankündigen. Jahr für Jahr wird unser Kindergartengarten um ein paar naturnahe Nischen reicher.

Pflanzen von Blumenzwiebeln

Platanen – vom Schlosspark zum Dinosauriermuseum
Begonnen hat die Umgestaltung vor zehn Jahren im Rahmen eines Abschlusspraktikums. Der Hügel beim Weidenhaus wird seit damals nur noch zweimal pro Jahr gemäht und langsam halten Wildpflanzen Einzug. Mit der Unterstützung von Eltern wurde ein Beerengarten angelegt, ein Sitz- und Balancierkreis aus Stammabschnitten folgte und schliesslich, dank dem Engagement des Forum Jegenstorf und der Hilfe von Fritz Spring, durften wir grosse Platanenstämme aus dem Schlosspark entgegennehmen. Die Stämme sind Kletterbäume, Sitzgelegenheiten und Versteck in einem. Einmal wurden sie sogar zum Dinosauriermuseum. So grosse Knochen haben aber nur der Pronto- und der Argentinosaurus. Auch kleinere Astknochen diverser anderer Dinosaurierarten gab es zu bestaunen, alle von den Kindern sorgfältig recherchiert und gekennzeichnet. Heute könnten die Äste nach ihrem Museumsdasein ein Teil eines Asthaufens werden. Die Kinder haben vor den Sommerferien fleissig vom Forum Jegenstorf zusammengetragene Äste aus dem Schlosswäldchen zur Hecke geschleppt. Wer wohl darin überwintern wird?

Das Dinosauriermuseum im KG Dählerstock

Lockdown mit Oskar
In der Zeit des Lockdowns erhielt die Hecke regelmässig Besuch von Oskar, dem Insektenforscher aus dem gleichnamigen Bilderbuch. Er dokumentierte, wie die Büsche austrieben und zu blühen begannen, und zeigte dies den Kindern auf Youtube. Als die Kinder dann im Mai zurückkamen, staunten sie über die sich ständig wandelnde Natur. Wie gross war die Freude, als im Kindergarten sogar Distelfalter und Marienkäfer schlüpften! Sie wurden natürlich bei der neuen Hecke freigelassen. Ob sie nächstes Jahr ihre Eier im Kindergartengarten ablegen werden?

Rund ums Gemeindehaus
Die Bedingungen werden auf alle Fälle immer besser. Die Zusammenarbeit mit dem Forum Jegenstorf konnte seit einer Heckenpflanzaktion vor sieben Jahren intensiviert werden und gemeinsam mit der Gemeinde dürfen wir die nachhaltige Umgebungsgestaltung auf das Gemeindehausareal ausweiten. Geplant ist, dass die Thujahecke abgeastet wird und als Gerüst für Efeu und andere einheimische Pflanzen dient und dass es auch zum Gemeindehauseingang naturnaher wird. Die gelebte Nachhaltigkeit für die Natur, für die Gemeinde und für sich selber beglückt. Die Kinder sind stolz – dürfen sie doch aktiv und sinnstiftend ihre Umgebung mitgestalten. Toll macht ihr das!

Äste werden vom Schlosswäldchen zum Kindergarten gebracht.


Das haben die Kinder herausgefunden:

  • Krokusse wachsen aus Zwiebeln.
  • Insekten sind gut für die Pflanzen, ausser die Läuse. Deshalb haben wir Marienkäferlarven zu den Läusen gebracht.
  • Auch Büsche brauchen Wasser um zu wachsen.
  • Im Kindergartengarten hat es viele Steine im Boden und sogar Knochen! Die sind wohl von Dinosauriern, aber Frau Wehren sagt, sie sind wohl von den Schafen, da der Dählerstock einmal ein Schafstall war.
  • Schaufeln ist anstrengend!
  • Die Büsche wachsen langsamer als das Gras.
  • Bei den Krokussen darf man nicht mähen, da zuerst die Blätter trocknen müssen, damit die Zwiebel genug Saft für das neue Jahr hat.
  • Beim Spielen mit den Ästen haben wir eine echte Kröte gesehen!
  • Brennnesseln sind gut. Ganz viele Schmetterlingsraupen fressen sie.
  • Die Regenwürmer machen Erde. Sonne tut ihnen weh.
  • Die Leute haben Freude, wenn wir draussen arbeiten.


Dieser Artikel der Kindergärtnerin Anne Wehren erschien in «Der Jegenstorfer 2020/4«
Weiterer Artikel in «Der Jegenstorfer 2020/1«: «Leben soll einkehren rund um unser Gemeindehaus»