Kategorie: Berichte

Berichte des Forums

Rar und kostbar: Goldparmäne, Schafsnase, Alant…

Rar und kostbar: Goldparmäne, Schafsnase, Alant…

Wenn man von Jegenstorf oder Münchringen Richtung Mattstetten schaut, sieht man von Weitem mehrere Baumreihen die sich über einen Hügel hinauf erstrecken. Es sind 300 Apfelbäume, je zwei der gleichen Sorte, die alle im Kanton Bern heimisch sind.

Sie gehören dem Landwirt Ruedi Scheidegger, der den Mitgliedern und Gästen des Forum Jegenstorf auf einer Führung am 18. Juni 2022 zu einem Projekt des Bundes mehr erzählt. Im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes des Bundesamtes für Landwirtschaft zur Förderung der Vielfalt in der Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL) von 1999 hat dieses Obsterhaltungsprojekt das Ziel, die genetische Vielfalt selten gewordener Apfelsorten aus dem Kanton Bern zu erhalten und nachhaltig zu nutzen.
2007 machte der Bund einen Aufruf, um alte Sorten, z. T. mit unbekannten Namen zu finden. Ruedi Scheidegger, der als Fachmann für Apfelbäumen sein Wissen auch in der Ausbildung weitergibt, veredelte im Jahr 2015 Schneideräpfel mit den 150 alten Sorten.
Er berichtet uns über die Entwicklung des Projektes.

Pflege

Die Apfelbäume brauchen einen durchlässigen, nicht sandigen Boden und vertragen keine Staunässe. Da die Früchte, die geerntet werden, zu 80 % aus Wasser bestehen und die Äste und Blätter gemulcht werden und also im Obstgarten verbleiben, ist es keine Problem, dass viel Bäume beieinander stehen. Wichtig ist nicht nur, dass sie genügend Nährstoffe erhalten, sondern, dass diese auch im Gleichgewicht sind. Einen fehlenden Nährstoff durch Dünger in zu grosser Menge zuzusetzen kann so auch schaden. Gezielte Bodenproben helfen dabei, das richtige Gleichgewicht zu finden.

Bis jetzt wurden gegen Schädlinge nur biologische Mittel angewandt.
Ein Problem sind die Mäuse, die durch das Anfressen der Wurzeln, den jungen Bäumen sehr zusetzen können. Drahtkörbe um die Wurzeln schützen vor Mausfrass. Sitzstangen für Greifvögel, Vogelnistkästen, Stein- und Asthaufen fördern die natürlichen Gegenspieler der Schermaus und tragen gleichzeitig zu einer vielfältigen Landschaft mit hoher Biodiversität bei. Gegen Blattläuse helfen auf natürliche Weise die Marienkäferlarven.
Gegen den Apfelwickler sind über 2000 Duftstäbchen mit Pheromonen in die Bäume gehängt. Dadurch werden die Männchen von den Weibchen abgelenkt und so deren Eier nicht befruchtet.
Die Bäume wurden noch nie gegossen, die ungewöhnliche Trockenheit kann aber dazu führen, dass mehr unreife Äpfel herunterfallen als normal.
Wichtig ist es, die Apfelbäume von Anfang an zu schneiden, damit sich die Äste verdicken und stabil und tragfähig für grosse Früchte werden. Etwa in fünfzehn Jahren werden sie die gewünschte Form erreicht haben. Dabei tragen langsam wachsende Bäume schneller Früchte. Werden die untersten Äste nach unten gebunden damit sie waagrecht statt in die Höhe wachsen, simuliert das beim Baum Alter und er produziert mehr Nachkommen/Früchte, um sich genetisch zu erhalten.

In mindestens 50 km Entfernung, im Fall des Kanton Bern in der Ostschweiz, gibt es zur Absicherung bei einem Verlust der Bäume in Mattstetten eine gleiche Apfelplantage noch einmal.

Rückversicherung für die Zukunft

Laufend werden die einzelnen Sorten von Bund, den Kantonen und weiteren Organisationen nach genetischen Daten und Eigenschaften untersucht. Vier bekannte Referenzsorten dienen bezüglich Blütezeit, Reifezeit und Krankheitsanfälligkeit usw. zum Vergleich mit den alten und unbekannten Sorten.

Beteiligt ist auch ProSpecieRara, die Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, die sich dafür einsetzt, eine sichere und reichhaltige Basis für unsere Ernährung zu bewahren und an zukünftige Generationen weiterzugeben.
Die vielfältigen Eigenschaften der alten Pflanzensorten und Tierrassen sind gleichbedeutend mit einem breiten Genpool, auf den bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Dies ist umso wichtiger, da der Hauptteil der heutigen Welternährung auf beängstigend wenigen Arten, Sorten und Rassen basiert. Spezielle Eigenschaften können wieder gefragt sein wegen plötzlich auftretender Krankheiten, Klimaveränderungen oder neuen Konsumentenbedürfnissen. Eine trockenheitstolerante Kartoffel könnte beispielsweise bald eine wichtige Rolle spielen.

Auch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Poma Culta und Agroscope arbeiten mit am Nationalen Aktionsplan. Im Biobereich soll das Sortiment mit der Genetik alter Sorten bereichert und weiterentwickelt werden hin zu robusten Sorten, welche eine dauerhafte Krankheitstoleranz aufweisen. Sie sollen qualitativ hochwertig, geschmacklich vielfältig und lagerfähig sein sowie über gute agronomische Eigenschaften verfügen.

Und wir?

Die Teilnehmenden der Führung brachten verschiedene wirtschaftliche Bedingungen und politische Fragen zur Sprache: Die Ausbildung der jungen Obstbauern/Landwirte hinkt zum Teil den neusten Erkenntnissen hintennach; die Produzenten von Saatgut verkaufen zugleich auch Pestizide und Dünger; die Landwirte müssen sich an nicht mehr aktuelle Vorgaben halten; Patente verhindern den Zugang aller zu genetischen Ressourcen.

In der Schweiz gibt es über 1000 Apfelsorten. In den Läden finden wir aber nur ein sehr kleines Sortiment. Die Sortenvielfalt ist nicht gewährleistet. Das liegt auch an uns Konsument:innen. Weil wir nicht gewohnt oder nicht gewillt sind z. B. kleine, verschieden grosse, gefleckte, mit Schorf überzogenen Früchte und Gemüse zu kaufen. Und wenn wir einen Obstbaum für den Garten suchen, nicht eine alte resistente Sorte wählen, die mit einem Hochstamm auch Tieren einen wertvollen Lebensraum bieten.

Von Ruedi Scheidegger haben wir gelernt: Ein Gemisch aus vielen verschiedenen Apfelsorten gibt den besten Most.

Weitere Informationen

Nach der Führung in der Apfelplantage ging’s zum gemütlichen Brätlen und Austauschen…
Rehkitzrettung 2022

Rehkitzrettung 2022

2022 war die dritte Saison, in der sich das Forum Jegenstorf an der Rehkitzrettung in unserer Region mit Hilfe einer Drohne und einer Wärmebildkamera beteiligte. Was wir während dieser Saison erlebt haben zeigt, wie wichtig unsere ehrenamtliche Arbeit ist für die Erhaltung unserer einheimischen Arten.

Einsatz vor Sonnenaufgang und vor dem Arbeitsalltag
Ein kühler Donnerstagmorgen Mitte Mai 2022, an einem steilen Hang in der Region Oberburg. Das schöne Wetter der vergangenen Wochen hat das Gras gut wachsen lassen und die angekündigte sonnige und trockene Woche wird von den Landwirten genutzt, um die ersten Felder zu mähen. Es ist bereits der dritte Tag in Folge, an dem der Wecker um 04 Uhr morgens klingelt. In diesen Tagen mähen alle Landwirte gleichzeitig und unser Ziel als Drohnenpiloten in der Rehkitzrettung ist es, noch vor Sonnenaufgang so viele Felder wie möglich abzufliegen. Je nach Exposition des Feldes ist um 08:30 oder spätestens 09 Uhr Schluss mit Fliegen, denn das Feld ist durch die steigende Sonne bereits zu stark erwärmt und es wird immer schwieriger, auf dem Bild der Wärmebildkamera zwischen einem warmen Mäusehügel, einem besonnten Zaunpfahl oder einem Rehkitz zu unterscheiden.

Dieser Donnerstagmorgen ist ein guter Morgen, denn wir als Team vom Forum Jegenstorf finden unsere ersten drei Rehkitz der Saison. Sie liegen nur wenige Meter voneinander entfernt, zwei in einem Feld und eines gegenüber in einem anderen Feld. Gegen 10 Uhr erscheinen wir im Büro und können unseren Arbeitstag beginnen, während der Landwirt die abgeflogenen Felder mäht.

Eine traurige Rückmeldung
Am Nachmittag machen wir dann die routinemässige Nachfrage beim Landwirt, ob alles gut gegangen sei. Und da kommt die traurige Nachricht: Die Zwillinge in dem einen Feld wären Drillinge gewesen und ein Rehkitz wurde leider von der Mähmaschine erwischt. Das ist in der dritten Saison das erste Kitz, das wir übersehen haben. Wie konnte das nur passieren? Waren wir etwa unaufmerksam, haben uns ablenken lassen? War die Sonne doch schon zu hoch? Haben wir uns in falscher Sicherheit gewähnt, da Rehkitze in den allermeisten Fällen als Zwillinge zur Welt kommen? Oder war das Kitz tatsächlich so gut versteckt im Gras, dass es für uns nicht sichtbar war? Es sind unangenehme Fragen, die man sich als Team in diesem Moment stellen muss.

Dieser Morgen hat uns gezeigt, dass auch die Drohne mit Wärmebildkamera ihre Grenzen hat und es keine 100-prozentige Sicherheit gibt. Unsere Arbeit ist ein Abwägen zwischen Genauigkeit und Geschwindigkeit: Arbeiten wir zu schnell, übersehen wir möglicherweise etwas. Arbeiten wir hingegen zu genau und dadurch langsamer, dann steigt die Sonne und es leeren sich die Akkus der Drohne. In diesem Fall schaffen wir möglicherweise nicht alle Felder, die an diesem Tag gemäht werden sollen.

Weitermachen und sich an vielen Erfolgen freuen
Wir haben nach diesem Ereignis entschieden, weiterzumachen und noch konzentrierter zu arbeiten während den Suchflügen. So haben wir in der Saison 2022 bis Mitte Juni an 13 Einsatztagen insgesamt rund 50 ha abgeflogen und dabei 12 Rehkitz gefunden. Das ist ein tolles Ergebnis und ein neuer Rekord für unser Team. Zwischenfälle wie jenen von Mitte Mai gab es zum Glück keine mehr.

Schweizweit sind die Zahlen für 2022 noch eindrücklicher: Der Verein Rehkitzrettung Schweiz zählte 400 Teams, 27’000 abgeflogene ha und mehr als 3’000 gerettete Tiere. Das sind mehr als 3’000 Rehkitze, die nicht unter einer Mähmaschine ihr Leben verloren haben.


Planung und Vernetzung sind ausschlaggebend
Auch in diesem Jahr konnten wir mit unserem Hegeleiter Daniel Wieland zusammenarbeiten und die Einsätze in der Region rund um Jegenstorf gut planen. Ebenfalls festgestellt haben wir, dass das Interesse der Landwirte an der Rehkitzrettung und an unserer ehrenamtlichen Arbeit weiter gestiegen ist. Deshalb war es nicht immer einfach, die Einsätze zu planen, denn es gab viele Anfragen, manchmal mit weniger als einem Tag Vorlauf. Glücklicherweise nimmt aber auch die Zahl der Piloten in der Region zu, sodass wir uns vernetzen und gegenseitig aushelfen konnten. So ist das Forum Jegenstorf dieses Jahr auch mehrmals zwischen Krauchthal und Oberburg oder im Limpachtal eingesprungen, während uns an anderen Tagen in Bäriswil oder Mattstetten ausgeholfen wurde. Diese Vernetzung ist essenziell, damit möglichst wenig Anfragen wegen Überlastung der Piloten abgelehnt werden müssen.

Weitere Drohnenpiloten sind gesucht
Hättest Du Interesse, Drohnenpilot für die Rehkitzrettung zu werden? Regelmässig organisiert der Verein Rehkitzrettung Schweiz Infoveranstaltungen mit Livedemonstrationen und bietet Ausbildungskurse auch in unserer Region an. Weitere Informationen findest Du auf www.rehkitzrettung.ch.

Bilder in diesem Bericht: ©Tobias Messerli

Pflanzentausch im Frühling

Pflanzentausch im Frühling

Schön war es, jung und älter und neue Gesichter, das freut! Spannend wie die Info weitergeleitet wird und wer da so alles auftaucht!

Dieses Mal war die Bise still, dafür gab es zweimal kurz und erfrischend Regen und, typisch für Draussenmenschen, nur die Kapuze und den Kragen etwas arrangiert und weiter ging’s.

Neu kamen Wasserpflanzen dazu und damit auch die Frage, wo noch ein Biotop oder eine Feuchtwiese angelegt werden könnten, hat es im Garten nicht DOCH noch etwas Platz, um ein so wichtiges Element immer mehr zu verknüpfen und verbinden.

Uns geht es wirklich gut. Wir haben diesen Freiraum und die Beweglichkeit, uns zu organisieren und unseren Passionen zu widmen. Besonders schön, wenn Kinder dabei sind und gleich mitmachen.

Wir freuen uns auf den Pflanzentausch im Oktober. Das Datum wird später in der Agenda aufgeschaltet. Wir wünschen Euch allen einen wundersamen Sommer.

Die Arbeitsgruppe Biodiversität mit Barbara Schwarzenbach und Rebecca Trachsel